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Joannis Avramidis ist einer der einprägsamsten Bildhauer der österreichischen Kunstgeschichte des 20. und frühen 21. Jahrhunderts. Doch kam er erst spät zur Bildhauerei. Geboren wurde er 1922 in Batumi, im heutigen Georgien, als Sohn griechischer Eltern. Die Verfolgung, die Inhaftierung des Vaters und sein damit verbundener Tod zwangen die Familie 1939 zur Auswanderung nach Griechenland. Avramidis musste sein 1937 begonnenes Studium an der Kunstakademie von Batumi abbrechen. Gemeinsam mit anderen jungen Männern aus Griechenland wurde er als Fremdarbeiter während des Zweiten Weltkrieges nach Wien gebracht. Nach Kriegsende studierte er in der Malereiklasse von Robin Christian Andersen an der Akademie der bildenden Künste, wo er unter anderem Ernst Fuchs, Arik Brauer, Giselbert Hoke und Kurt Absolon begegnete. Erste Kohlezeichnung von Köpfen, in denen sich eine Auseinandersetzung mit einer kubistischen Formensprache abzeichnete, entstanden. Nach seinem Abschluss begann er Konservierung und Technologie zu studieren und schuf erste Skulpturen aus Bruchstein. Avramidis lernte den Bildhauer Fritz Wotruba kennen und trat bald darauf in dessen Bildhauerklasse an der Wiener Akademie ein. Im Fokus seines Œuvres stand stets die Auseinandersetzung mit der menschlichen Figur und die Suche nach universellen Proportionen, die das Menschsein per se zum Ausdruck bringen. Unter dem Einfluss antiker Baukunst, insbesondere der Säulenform, baute er die menschliche Figur neu auf und begann seine Entwürfe nach mathematischen Berechnungen zu erstellen. Seine Figuren formieren sich aus Kreissegmenten, was sich auch in der Kopfskulptur „Stirn-Kinn-Kopf“ von 1971 deutlich zeigt – ein Bronzekopf, der in einer Auflage von 6 Stück gegossen wurde. Durch die Rundungen entsteht eine Anmutung menschlicher Proportion, ohne individuelle Züge darzustellen. Insgesamt zählen die Kopfplastiken zu einer der wichtigsten Werkgruppen in seinem Schaffen. Ab 1960 forcierte er eine immer stärkere abstrahierende Formensprache, die seine Köpfe jedoch umso prägnanter erscheinen ließ. Avramidis schuf Kopffiguren sowohl aus gerundeten wie auch aus stark flächigen Grundformen. Die Kopfskulptur von 1971 zeigt alle charakteristischen Parameter seiner künstlerischen Praxis: die Reduktion auf das Wesentlichste, die Auffassung einer geschlossenen, kompakten und abstrakten Form, die keine Merkmale des Gesichts, wie Mund oder Augen, andeutet. Mit großer Virtuosität setzt Avramidis seine bildhauerischen Formeln ein, in denen er die Schnittstelle zwischen weitestgehender Reduktion, Abstraktion und figurativer Form auslotet.
Silvie Aigner