Gustav Klimt

1862 Wien - 1918 Wien

  • Titel Akt von vorne, die Hände in die Hüften gestützt
  • Datierung 1911
  • Technik Bleistift auf Papier
  • Maße 57,1 x 37,5 cm
  • Signatur rechts unten Nachlassstempel: GUSTAV / KLIMT / NACHLASS
  • Provenienz Privatbesitz, USA, Courtesy Serge Sabarsky Gallery, New York; Privatbesitz, Japan; 110. Auktion Klipstein und Kornfeld, Bern 1963, Nr. 536 (Tafel 69); Privatbesitz Hikonobu Ise, Japan
  • Literatur The Ise Collection, Ise Lifedesign House, Japan 1984, Abb. 12; Alice Strobl, Gustav Klimt. Die Zeichnungen 1904-1912, Bd. II, Salzburg 1982, S. 247f. und S. 252f., WVZ-Nr. 2023

Diese Zeichnung hängt mit einer heute verschollenen Widmungsadresse zusammen, die dem berühmten Architekten Otto Wagner zu Ehren seines 70. Geburtstages am 13. 7. 1911 von mehreren Künstlern überreicht wurde. Klimts Beitrag für dieses Geburtstagsgeschenk ist uns durch ein Schwarzweißfoto bekannt. Dieses zeigt eine frontal stehende, in ein ornamentiertes Kleid gehüllte Nikefigur, die zwei Blumengaben hochhält. Zwei Skizzenblätter mit insgesamt acht Entwürfen – darunter drei mit „Otto Wagner“ bezeichnet und eins in Aquarellfarben ausgeführt – geben Einblick in Klimts Vorbereitungen für diese Arbeit. Beide Blätter geben die mit Kränzen oder Blumen ausgestatteten Figürchen teils in gegrätschter Stellung, teils mit geraden Beinen wieder. Allen Entwürfen gemeinsam ist eine optimistische, heroische Stimmung, die an die euphorische Gründungszeit der Wiener Secession erinnert, für die Otto Wagner ein inspirierendes Vorbild war. Um dem Idealcharakter seiner allegorischen Figur möglichst nahe zu kommen, ließ Klimt – wie immer – eine Reihe von Modellen posieren, die seinen Vorstellungen am meisten entsprachen. Wie die vorliegende Zeichnung treffend demonstriert, bevorzugte er ein schlankes, athletisches Modell. Die frontal Stehende zeigt sich allerdings nicht in der feierlichen Pose des Blumenhaltens, sondern mit energisch in die Hüften gestemmten Händen. Klimt lässt die Figur vom oberen und unteren Bildrand überschneiden und konzentriert sich ganz auf die geballte Energie des gestrafften Körpers. Die heftigen Strichkonzentrationen außerhalb der angespannten Konturen lassen den Papierton der freigelassenen Hautpartien umso mehr hervorleuchten – insbesondere dort, wo die schlanken Beine den Körper wie helle Säulen zu tragen scheinen. Alice Strobl stellt fest, dass Klimt um 1911 vom expressiven Körperideal seines jüngeren Kollegen Egon Schiele inspiriert wurde, was sich auch in dieser autonom wirkenden Zeichnung gut nachvollziehen lässt.

Marian Bisanz-Prakken