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Norbertine Bresslern-Roth wurde 1891 in Graz geboren. Bereits früh zeigte sich ihr künstlerisches Talent. Ab 1901 erhielt sie Malunterricht, vorerst privat und später auch an der Landeskunstschule in Graz. Auf Empfehlung ihres Lehrers reiste sie ab 1907 zur Künstlerkolonie Dachau, ab 1911 lebte sie einige Jahre in Wien, wo sie von Ferdinand Schmutzer weiter unterrichtet wurde. Nach Abschluss ihrer Ausbildung zog sie zurück nach Graz, um als freischaffende Künstlerin zu arbeiten. Norbertine Bresslern-Roth ist berühmt für ihre Tierdarstellungen, die sie in Gemälden oder Linolschnitten festhielt. Eines ihrer großformatigen Gemälde mit dem Titel „Wanderung“ zeigt sie uns hier. Eine große Herde Rentiere, die sich zusammengeschlossen hat, um während des kalten Winters in den Süden zu ziehen, durchquert eine baumlose Landschaft und einen Fluss. Der Zug an Tieren reicht bis weit in die Ferne, über mehrere Hügel, die teils bereits mit Schnee bedeckt sind. Besonders beeindruckend sind aber die Rentiere im Vordergrund, die sich ihren Weg durchs kalte Wasser bahnen, und beinahe ganz davon bedeckt sind. Ihre gewaltigen Geweihe füllen einen Groß- teil des Bildes aus. In schaumige Wellen teilen sie das Wasser vor sich. Jedes der vielen Tiere hat eine andere Fellfarbe, so gibt die Künstlerin jedem Individualität und sorgt für ein realistisches Bild. Auch Vögel begleiten die Herde auf ihrem Weg durch die Landschaft. Norbertine Bresslern-Roth wählt für das Gemälde kräftige Farben und weiche Schatten, die die dargestellte Szene lebendig wirken lassen. Auf grober Jute, die sie zuvor grundiert, trägt die Künstlerin die Farbe durch Tupfen mit einem Borstenpinsel auf, wodurch sie einen Effekt der Unschärfe erzielt. Durch die grobmaschige Jute erlaubt sie es dem Licht die Leinwand zu durchdringen. Diese einzigartige Technik macht ihre Gemälde unverkennbar. Einen Teil dieses Motivs führte sie bereits Jahre vorher als Linolschnitt aus, dort allerdings nur die vorderen Tiere. Nun weitet sie die Szene aus und lässt hunderte Rentiere durch die Landschaft schreiten. Auch die Perspektive ist leicht verändert, nun sieht man die Tiere eher von vorne als von oben, was der Szene mehr Dramatik verleiht. Der Betrachter wird eingeladen, die Herde direkt an sich vorüberziehen zu sehen und sich vorzustellen, was sie auf ihrem Weg bereits erlebt haben und was sie noch auf ihrer Reise erwartet.