Erika Giovanna Klien

1900 Borgo di Valsugana - 1957 New York

  • Titel Conversation
  • Datierung 1951
  • Technik schwarze Kreide auf Papier
  • Maße 45,4 x 55,7 cm
  • Signatur rechts unten im Motiv monogrammiert und datiert: EK/1951 links unten betitelt: CONVERSATION rechts unten nummeriert: 2
  • Provenienz aus dem Nachlass der Künstlerin; Sammlung Michael Pabst; Privatbesitz, Deutschland
  • Literatur Galerie Michael Pabst (Hg.), E.G. Klien. Wiener Kinetismus, München 1986, S. 46, Abb. 46; Sylvia Kovacek GmbH (Hg.) Erika Giovanna Klien. Wiener Kinetismus. Wien 2022, S. 142f., Abb. 60

Das künstlerische Werke von Erika Giovanna Klien gehört zweifelsohne zu einem der spannendsten Œuvres der Avantgarde in Österreich. Sie gilt als Hauptvertreterin des Wiener Kinetismus, einer Kunstform, die sich mit der Bewegung und deren Visualisierung auseinandersetzte. In zahlreichen Werken hielt Klien die kinetisch sich verändernde menschliche Figur sowie Tiere und Pflanzen als auch die Bewegung technischer Geräte fest. Neben Aquarell und Malerei bevorzugte Klien dabei im Besonderen die Kreidezeichnung, mit deren feinst nuancierten Strukturen sie nicht nur künstlerisch höchst dekorative Werke schuf, sondern auch die natürliche Bewegung auf spannendste Weise erforscht – eine faszinierende Kombination, die Kliens Werk so außergewöhnlich und einmalig macht. „Conversation“ zählt zur vielfältig verzweigten Werkgruppe der „Subway Symphony“, der letzten gro- ßen Themengruppe im Werk der Künstlerin. Inspiriert von den umfassenden Eindrücken der New Yorker U-Bahn, thematisierten ihre Werke in den 30er Jahren bereits die ersten Großstadtthemen. Auch 20 Jahre nach ihrem Ankommen begeisterten die Künstlerin noch stets die Eindrücke in ihrer Wahlheimat. So entstand mit sequenzierten Momentaufnahmen der Züge, die im flirrenden Aufleuchten vorbeiziehender Lichter und in rasender Geschwindigkeit die dunklen U-Bahnschächte passieren, sowie in der Wiedergabe ihrer vielfältigen Fahrgäste ein faszinierendes Spätwerk. Neben dem kinetischen Aspekt der sequentiellen Bewegungen während der Fahrt interessierte die Künstlerin dabei auch die Diversität der Fahrgäste. Die vorliegende Kreidezeichnung fokussiert einerseits auf einen starken Transparenteffekt, den die Künstlerin durch die äußerste Vervielfachung von zwei oder auch drei ineinander geblendeten Profilen effektvoll erzielt. In Erweiterung des technischen Aspekts, gewinnt Klien dieses Phänomen andererseits auch malerisch durch die changierende Abstufung des schwarzen Tones in variierende Grautöne, indem Klien die Intensität des Kreideauftrags feinst nuanciert. Beide Effekte kommen durch die – in diesem Zusammenhang ganz gegensätzliche erscheinende – bewusst einfache Darstellung der Profile und Handformen besonders zur Geltung. Die formale Durchdringung des Blattes ist so dominierend, dass die natürliche Position der Gesprächspartner in einem fahrenden Zug kaum sinnfällig wird. Es handelt sich dabei wohl um zwei bis drei hintereinander sitzende Fahrgäste, die im Profil gesehen werden. Aus ihrem unterschiedlichen Sitzabstand voneinander resultiert daher auch die divergierende Größe ihrer dargestellten Köpfe. Durch die kinetische Bewegung des fahrenden Zuges erscheinen alle Köpfe transparent – selbst jene, die von den näher zum Betrachter situierten Personen verdeckt sein müssten.