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Emil Nolde, eigentlich Emil Hansen, war Sohn eines Bauern und von daher schon stets eng mit der Natur verbunden. Er blieb es auch sein gesamtes Leben lang. Ob auf der Ostseeinsel Alsen, beim Bauernhaus „Unterwarf“ an der Wiedau oder in seinem letzten Refugium ab 1927, dem Haus „Seebüll“ – der Meister des deutschen Expressionismus bevorzugte die Landschaft, Wald und Wiesen und legte selbst liebevoll Gärten an, in denen sich unzählige farbintensive Blüten entfalten konnten.1) Die für ihn so wichtige Kraft- und Inspirationsquelle bot ihm zahllose Motive für sein künstlerisches Schaffen. „Die Farben der Blumen zogen mich unwiderstehlich an, und fast plötzlich war ich beim Malen […] Die blühenden Farben der Blumen und die Reinheit dieser Farben, ich liebte sie. Ich liebte die Blumen in ihrem Schicksal: emporsprießend, blühend, leuchtend, glühend, beglückend, sich neigend, verwelkend, verworfen in der Grube endend“, schilderte der Künstler 1906 seine Gedanken und Empfindungen. 2) Die Aquarelltechnik kam der Noldeschen Spontanität und seinem Wunsch nach Unmittelbarkeit des Ausdrucks entgegen. Er bevorzugte das Nass-in-Nass-Verfahren und verwendete häufig das saugfähige Japanpapier. Hauptakteur in seinem Werk ist die Farbe, ihre Leuchtkraft und sinnliche Materialität, ihre Schichtung und Überlappung, ihr Ineinanderfließen und ihre Symbiose mit dem Malgrund. Begeistert von seinen „Farbstürmen“ 3), lud die Künstlergruppe „Die Brücke“, respektive Karl Schmidt-Rottluff, 1906 Nolde zur Mitgliedschaft ein, die er für kurze Zeit annahm. Wie auch im vorliegenden Blatt ging es Nolde nicht um eine naturgetreue Darstellung, sondern um die Intensität und Strahlkraft der Farben, um Entmaterialisierung, dem kontrollierten Zufall im Sinne der écriture automatique und um die Assoziationen sowie Vorstellungen, die damit beim Betrachter geweckt werden. Dicht drängen sich am unteren Bildrand die ineinander verlaufenden Farben der Stiefmütterchen, während im Hintergrund der oberen Bildhälfte die tiefrosa Blüten des straff aufrecht wachsenden Federbusches (Celosia argantea) ihr intensives Kolorit mit teilweise schwungvollem Pinselduktus entfalten. Auch hier schafft er eine Distanz zum realen Gegenstand durch Abstinenz strenger Formen und betont das Malerische; er verformt und verfremdet. Daraus resultiert ein dynamischer Prozess, eine Wechselwirkung zwischen Betrachtung und Vorstellung. Er öffnet eine weitere Schicht „jenseits des bildlich Zeigbaren“ 4) – vor allem darin liegt das Geheimnis der Virtuosität Noldescher Aquarellkunst.
Kerstin Jesse
1) Siehe dazu: Manfred Reuter (Hg.), Emil Nolde, Mein Garten voller Blumen, Ausstellungskatalog Seebüll, Dependance Berlin, Köln 2010. 2) Stiftung Seebüll Ada und Emil Nolde (Hg.), Emil Nolde, Jahre der Kämpfe. 1902–1914. Köln 2022, S. 100. 3) ebd., S. 98 (Brief) 4) Franz Erich, Innere Bilder, in: Emil Nolde. Aquarelle und figürliche Radierungen, Ausstellungskatalog Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, Köln 1991, S. 15.