Barockglas

  • Titel Deckelbecher mit dem Schaffgotsch"en Wappen
  • Datierung Schlesien, um 1700
  • Maße Höhe 23 cm
  • Herkunft, Entw./ Ausf. Gravur: Friedrich Winter, Hermsdorf
  • Literatur Regine Kovacek, Glassammlung Liaunig. Schnitt und Farbe, Ausstellungskatalog Museum Liaunig, Mai 2015, Neuhaus/Suha 2015, S. 84 - Schnitt; Klesse/Mayr, Veredelte Gläser aus Renaissance und Barock. Slg. Ernesto Wolf, Wien 1987, Nr. 103 - Schnitt, Motiv des Tannenbaums aus dem Wappen der Grafen Schaffgotsch; Stefania Zelasko, Barock und Rokoko im Hirschberger Tal. Stein- und Glasschnitt 1650-1780, Passau 2014, S. 151-159 - vergleichbare Winter-Becher und -Pokale mit selbem Motiv; Rainer Rückert, Die Glassammlung des Bayerischen Nationalmuseums München, Band II, München 1982, S. 226, 227, Abb. 768, 769 - ähnliche Deckelpokale

Nach dem Vorbild der italienschen Fürsten der Renaissance wurden in der frühen Neuzeit auch im nördlicheren Europa Kunst-, Naturalien- und Wunderkammern errichtet, in denen diese Schätze als Symbole der Macht und des Reichtums prächtig zur Schau gestellt wurden. Die Kunst des Edelsteinschneidens gelangte dadurch Ende des 16. Jahrhunderts zur Hochblüte. Die den Grafen von Schaffgotsch gehörende Herrschaft Kynast im Hirschberger Tal war im 17. Jahrhundert die bedeutendste Region für Stein- und Glasschnitt im böhmisch-schlesischen Grenzgebiet, Teil des Habsburger Reiches. Um 1680 veränderten zwei „Erfindungen“ die Geschichte des europäischen Kunstglases. Das Kreideglas wurde eingeführt und die wasserbetriebene Schleifmühle dem Hoch- und Tiefschnitt dienstbar gemacht. Graf Christoph Leopold Schaffgotsch erkannte das Talent des Stein-und Glasschneiders Friedrich Winter und nahm ihn im Jahre 1685 in seine Dienste auf, wo er nicht nur als Glasschneider, sondern auch als Kastellan auf Kynast tätig war. Das Spiel mit Hochschnitt und Tiefschnitt gelang ihm besonders gut, seit er von Christoph Leopold Schaffgotsch die Mühle nebst Wohnhaus im nahen Hermsdorf bekommen hatte, die ihm die mühselige Arbeit des Hochschnittes wesentlich erleichterte. Bei den Hochschnittgläsern handelt es sich um eine sehr aufwendige, kostspielige Methode des Glasdekors, der seine Verwandschaft zum Bergkristallschnitt erkennen lässt. Friedrich Winter gab seinen Werkstücken ein unverkennbares Aussehen und in der Auffassung seiner Zeit verzierte er neben der Kuppa auch die Standfläche, Schaft und Knauf mit seinen charakteristischen Motiven, wie den hochgeschnittenen Akanthusblättern. Der stilisierte Tannenbaum bzw. Kiefernbaum aus dem Wappen der Familie Schaffgottsch mit ihrer Devise stellt den Bezug zur ihrer Herrschaft dar, denn die Deutung als Kiefer „Kyn-ast“ wird auf die Burg Kynast zurückgeführt. Die Konifere, ein Baum, der seine Nadeln nicht verliert, gilt als Symbol der Beständigkeit und Unveränderlichkeit, was in der Devise „Keine Zeit (Jahresszeit, Epoche, Wetter) ändert ihn“ zum Ausdruck gebracht wird.