Ferdinand Brunner

1870 Wien - 1945 Wien

  • Titel Hochsommertag in Maria Anzbach
  • Datierung um 1920
  • Technik Öl auf Leinwand
  • Maße 43,5 x 37,5 cm
  • Signatur rechts unten signiert: FERDINAND BRUNNER rückseitig auf Klebezettel betitelt: Hochsommertag; Nummernetikett 2330
  • Provenienz Privatbesitz, Wien
  • Literatur Vgl. Heinrich Fuchs (Hg.), Ferdinand Brunner. Malerischer Entdecker des Waldviertels, Wien 1979, S. 142

Maria Anzbach ist eine kleine Gemeinde im Mostviertel im südlichen Niederösterreich. Dieser Gegend mit ihren sanften Hügeln, blühenden Bäumen und malerisch gelegenen Dörfern hat Ferdinand Brunner ein künstlerisches Denkmal gesetzt. Sie entsprach wohl seiner eigenen stillen Persönlichkeit, andererseits bot ihre undramatische und unprätentiöse Landschaft ein perfektes Schauspiel für das harmonische Zusammenspiel von Formen und Farben in der Natur. Ferdinand Brunner gehörte der späteren Generation der realistischen Landschaftsmaler an und führte diese Tradition unabhängig von den dominanten Bewegungen des Wiener Jugendstils und des Expressionismus in einem eigenen, durchaus modernen Sinn weiter. Brunner interessiert nicht die ornamentale oder expressionistische Verfremdung des Gesehenen, er lässt die Dinge und Erscheinungen so wie sie sind, um in die Tiefe zu gehen und die feinen Stimmungen, die unwiderlegbaren Gesetze des Seins hervorzuheben.

Das lässt sich auch an diesem, eher seltenen Motiv einer Dorfansicht erkennen, die nur anhand des markanten Zwiebelturms der Pfarrkirche als Maria Anzbach zu identifizieren ist. Im Grunde kümmert das den Maler auch nicht. Ihn fasziniert vielmehr das Zusammenspiel von Architektur und Natur, von den eckigen, klaren Formen und von den unberechenbaren, wuchernden Gestaltungen der Bäume und im Weiteren auch von Fläche und Raum. Dach, Baum, Kirche bauen sich entlang des hochrechteckigen Formates auf und blockieren in wechselnder Abfolge den Blick in die Tiefe. Erst im oberen Drittel öffnet sich das Bild, und ein von Wolken spielerisch gegliederter Himmel schafft atmende Weite. Er bietet auch farblich den Gegenpol zum Dreiklang von Grün, Rot und Weiß des Dorfes. Die Beschreibung des Bildes geht einher mit der Erkenntnis, dass die Wahrnehmung der sichtbaren Objekte nur vordergründig ist und sich dahinter ein abstraktes Gefüge von Farben und Formen offenbart. Das ist die große Kunst Ferdinand Brunners: mit einem einfachen Motiv den Betrachter in sanfter, stiller Art eine Ahnung von den unscheinbaren Gesetzen der Welt zu geben.