Eugen Jettel

1845 Johnsdorf - 1901 Lussingrande

  • Titel Abend im Hafen
  • Datierung 1882
  • Technik Öl auf Holz
  • Maße 61 x 49 cm
  • Signatur links unten signiert und datiert: Eugène Jettel Paris 1882 rückseitig bezeichnet auf Klebeetikett: "Galerie am Lenbachplatz / F. H. Zinckengraf - München 2"
  • Provenienz Privatbesitz, England
  • Literatur Heinrich Fuchs, Eugen Jettel, Wien 1975, S. 155, Nr. 213

Man könnte Eugen Jettel selbst innerhalb der „Avantgarde“ des österreichischen Stimmungsrealismus als einen Vorreiter bezeichnen: Von allen seinen jungen Kollegen war er der erste, der bereits um 1870 Holland (und Nordfrankreich) bereiste und mit seiner künstlerischen Ausbeute eine regelrechte Hollandmode in der österreichischen Landschaftsmalerei auslöste. Im Fahrwasser Jettels war Robert Russ im Frühjahr 1872 in Holland gewesen und bereisten etwa auch Tina Blau und Emil Jakob Schindler 1875 die Niederlande, um ihre je eigenen Darstellungsmodi zu finden. Jettels Bildfindungen waren generell einflussreich und zwar anscheinend in einem Ausmaß, das einen Rezensenten der Jahresausstellung von 1874 im Wiener Künstlerhaus zu der Feststellung veranlasste: „Während Jettel diesmal gar nicht auf der Ausstellung erschienen ist, wimmelt es von seinen Nachahmern […]. – Namentlich Landschaften aus Holland im Jettel’schen Stil scheinen jetzt sehr beliebt zu sein.“ Um diese Zeit war Jettel selbst – ebenfalls als erster der österreichischen Stimmungsrealisten – bereits auf dem Sprung nach Paris, wo er von der Mitte der 1870er bis 1897 lebte, arbeitete und ausstellte. Hierhin sollte ihm bald darauf Rudolf Ribarz folgen und kamen andere Kollegen wie Tina Blau oder Emil Jakob Schindler erst später und nur auf Besuch. Die mit 1882 datierte Landschaft Abend im Hafen ist ein Bild, das diese seine besondere Stellung reflektiert. Es ist während Jettels langer Pariser Periode entstanden, zeigt aber eine Ansicht, die an Holland denken lässt, nicht nur wegen des Hafenmotivs mit dem Ausblick auf eine sehr flache Landschaft im Hintergrund; auch die tonale Farbgebung, aus der nur wenige ziegelrote Farbflecken heraus leuchten, und der mit grauen Wolken bedeckte Himmel entsprechen einer Darstellungskonvention, die an holländische Motive geknüpft ist. Zugleich dient diese gebrochene Farbigkeit einer Vereinheitlichung aller dargestellten Gegenstände unter dem Vorzeichen der Stimmung. Die eher untypisch graphische Wirkung des Bildes weist auch noch auf etwas anderes hin: Jettels gemeinsame Malreisen nach Cayeux-sur-Mer mit seinem ehemaligen Studienkollegen Rudolf Ribarz, an dessen Landschaften man sich vor dem Abend im Hafen ebenfalls erinnert fühlt.