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Zwischen 1869 und 1878 bzw. 1882 lassen sich Hörmanns Aufenthalte im heimatlichen Tirol zumeist in den späten Sommermonaten mit Bildern und Eintragungen in den Skizzenbüchern künstlerisch belegen. Am 24. und 25. September 1875 sind zwei Bilder des Rathauses und des Hauptplatzes in Hall datiert. Die vorliegende größere Variante des Hauptplatzes entstand erst zwei Jahre später, Hörmann hat sie vielleicht für seinen Bruder Oswald gemalt. (vgl. Magdalena Hörmann-Weingartner, in: Der Schlern 70 (1996), 451 – 463.)
In diesen frühen Bildern zeigt sich Hörmann bereits als der, der er im Wesentlichen ist: ein kompromissloser Realist. Dieses Streben nach wahrhaftiger Wiedergabe des Gesehenen führt ab den 70er Jahren zu überraschend unmittelbaren, farbkräftigen Bildensembles, in denen sich ein neuer, letztlich revolutionärer Ansatz erkennen lässt. Jede ideologische Erhöhung wie emotionales Sentiment sind Hörmann im Gegensatz zu den malerischen Strömungen in Wien fremd, und auch auf die narrativen Schilderungen volkstümlichen Lebens eines Defreggers oder der Münchner Schule nehmen seine nüchternen Daseinsmomente keinen Bezug. Hörmann sieht die Welt mit anderen Augen, diszipliniert, ungeschminkt und ehrlich. Die Wirklichkeit soll nicht beiläufig und oberflächlich wahrgenommen werden, in jedem Motiv, Bekanntem wie Unscheinbarem gilt es, die zugrundeliegenden Strukturen zu entdecken und hervorzuheben.
Perspektiven, Blickwinkel, Kompositionen sind daher von Beginn an ganz wesentliche Elemente in Hörmanns Bildaufbauten. Den Blick auf den kleinen, aber im Ensemble der historischen Häuserfassaden bedeutenden Hauptplatz in Hall nimmt Hörmann von einem genau ausgewählten Standpunkt aus auf. Im Zentrum steht das bunte, aber nicht allzu dichte Treiben am Markt. Zur Linken erhebt sich die barocke Josefskapelle, die schon zum Ensemble der gotischen Stadtpfarrkirche St. Nikolaus gehört, von der jedoch nur ein kleiner Teil der Fassade zu erblicken ist. Rechts fällt der Blick auf den Marktbrunnen und zwei mittelalterliche Häuser mit bunten Jalousien, einem prachtvollen barocken Zunftschild, Erkern und vorkragendem Eingangsportal. Das hintere Gebäude ist bereits Teil des Rathauses mit dem herausragenden hohen Schindeldach hinter Zinnen bewährter Mauer. Jede Standortveränderung hätte diesen bis heute noch erhaltenen Blick verändert, andere Häuserfassaden in der dicht verbauten Innenstadt wären unmittelbar in das Bild gerückt. So entsteht der Eindruck eines relativ weiten Platzes, betont durch das markante Dreieck des Marktplatzes der sogartig nach hinten zieht, um dann von der strengen Vertikale des Rathauses abrupt abgefangen zu werden. Dem Charakter der mittelalterlichen Bauweise entsprechen auch die leicht “schwankenden“ Perspektivenlinien der Häuserfassaden oder die Unregelmäßigkeit des Pflasterbodens. Das Abgleiten ins Pittoresk-Süßliche verhindern die kräftigen tonigen Farben. Jedes Detail ist festgehalten ohne sich in diesem zu verlieren – das schadhafte Dach des vorderen Hauses, der Rauch aus den Kaminen, der das Weiß der Wolken in ein Grau verwandelt.
Hörmann greift mit der Stadtansicht von Hall bereits sehr früh die Tradition der Stadtvedute auf, die im frühen 19. Jahrhundert eine bedeutende Rolle in der malerischen Entwicklung des Realismus gespielt hat und hier ihr einen neuen modernen Akzent erhält.