Erika Giovanna Klien

1900 Borgo di Valsugana - 1957 New York

  • Titel Silvesternacht
  • Datierung 1921
  • Technik Öl auf Papier auf Leinwand
  • Maße 46 x 31,1 cm
  • Provenienz aus dem Nachlass der Künstlerin; Privatbesitz, Europa
  • Literatur Marietta Mautner Markhof, Erika Giovanna Klien 1900 - 1957, Ausstellungskatalog Museum moderner Kunst Wien, Wien 1987, S. 76, Abb. 27; Husslein-Arco/Bast/Krejci/Werkner (Hg.), Wiener Kinetismus. Eine bewegte Moderne, Ausstellungskatalog Belvedere, Wien 2011, S. 178 (unten); Kohlbacher/Wienerroither (Hg.), Moderne Kunst X, Bd. 11, Wien 2007, Kat. Nr. 19; Galerie Sylvia Kovacek, Erika Giovanna Klien. Wiener Kinetismus, Ausstellungskatalog, Wien 2022, Kat. Nr. 3, S. 28f. (mit Farbabb.)

Erika Giovanna Klien wurde 1900 in Borgo di Valsugana im Trentino geboren. Von 1919 bis 1924 studierte sie an der Wiener Kunstgewerbeschule bei Franz Čižek ornamentale Formenlehre. Als Hauptvertreterin des Wiener Kinetismus befasste sie sich Zeit ihres Lebens mit der Bewegung der menschlichen Figur, von Pflanzen und Tieren sowie technischer Geräte. Zu ihrem facettenreichen Œuvre zählen zudem auch eindrucksvolle grafische Arbeiten.

Die Szene war ursprünglich nach den an Wirtshaustischen sitzenden Gestalten betitelt. Die geometrisierende Bildgliederung, die das lnventar eines Trinkgelages und die Figuren durchdringt, die teilweise Verdoppelung der Formen, die das Bild zusammensetzen, sowie die schrillen Kontraste der Farbgebung, die zu einem teilweise halluzinatorischen Abstrahlungseffekt mancher Formteile führen, sind Merkmale der kubofuturistischen Malerei, die zwischen 1911 und 1914 unter Umgehung Österreichs ihren Siegeszug in Europa angetreten hatte. Auf dem Weg Franz Cizeks und seiner StudentInnen, darunter Klien, zur Kunst des so genannten Wiener Kinetismus wurde dieses Idiom unter dem Motto "Raumteilung" im Unterricht an der Wiener Kunstgewerbeschule erst nach dem Ende des 1. Weltkriegs mit Begeisterung geübt. Das rauschhafte Erlebnis steigert sich so zur Suggestion des Schwankens. Umgekehrt gewinnt die avantgardistische Stilform durch die Dank zahlreicher Flaschen und Gläser erkennbare Thematik an Überzeugungskraft – ein Umstand, der, gemessen an der österreichischen Bildkultur der frühen 20er Jahre des letzten Jahrhunderts, für einen Betrachter damals nicht unwichtig gewesen sein kann. Unter den erhaltenen Aquarellstudien dieser Thematik, in denen Klien eine Gruppe Karten spielender, rauchender und trinkender Personen aus dem Freundeskreis ihres Bruders Gunther Klien portraitierte, befindet sich ein Sylvesternacht betiteltes und 1921/22 datiertes Blatt. Von daher begründet ist die Übernahme dieses Titels für das Ölbild, auf dessen Rückseite vor Anbringung der Leinwanddoublierung die Signatur der Künstlerin und das Datum 1921 zu lesen war.

Marietta Mautner Markhof