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Im Sommer 1907 entstand in Längenfeld/Ötztal die Erstfassung von „Die Bergmäher“ (Kirschl M 234, Sammlung Leopold Museum), mit der sich Egger-Lienz bis in die 20er Jahre in zahlreichen Wiederholungen, Teilwiederholungen und Varianten in Öl und Aquarell befasste. Kirschl unterscheidet drei Bildtypen: Der nach der Erstfassung genannte erste Typus zeigt die Figuren in gemähter Bergwiese stehend und bis zu den Schuhen sichtbar. Der impulsiv gesetzte Pinselstrich und das von Licht durchströmte Kolorit verweisen dabei anfangs noch deutlich auf den Einfluss des französischen Impressionismus. 1918 entsteht mit „Drei Schnitter“1) (Erstfassung, Kirschl M 684, Leopold Museum) der zweite Bildtypus, bei dem die Figuren erstmals bis zu den Waden im Gras oder hohen Korn stehen – wie auch noch im dritten, dramatisch gesteigerten Bildtypus „Die Schnitter/Bergmäher bei aufsteigendem Gewitter“ (Hauptfassung um 1922, Kirschl M 453, Leopold Museum).
Im vorliegenden, großformatigen Aquarell „Drei Schnitter“ von 1918, das zur Gruppe des zweiten Bildtypus zählt, greift Egger-Lienz die Bewegungsmotive der zwei Hauptfiguren in „Bergmäher“ auf. Die dritte Figur ist wieder rechts, tief gebückt und nur angedeutet dargestellt. Im tiefen Blau des Himmels und dem warmen Rotbraun leuchtet das Aquarell expressiv auf, so dass das vielfach nuancierte Weiß der Hemden strahlend hervortritt. Malerisch in Schattenpartien Ton in Ton verdichtet, treten die Körperformen in monumentaler Plastizität in Erscheinung. Neben den kraftvollen Feldarbeitern sind auch das vollgereifte Korn und die wolkige Himmelspartie in voluminösen Formen wiedergegeben – eine Malauffassung, mit der sich Egger-Lienz an seiner frühen, ab 1908 verwendeten Kaseintechnik orientiert.
Ein neues Motiv stellen die in zartem Rot blühenden Mohnblüten im rechten Vordergrund dar. Diese finden sich auch in einer Ölvariante (Kirschl M 459) sowie in drei weiteren, nahezu gleichgroßen Aquarellen (Kirschl Z 441, Z 442, Z 444), darunter die Variante des Tiroler Landesmuseums Ferdinandeum. Möglicherweise handelt es sich im vorliegenden Aquarell um das erste Werk mit diesem Motiv. Egger-Lienz veräußerte das Werk bereits im selben Jahr seiner Fertigstellung, wie ein im Original erhaltenes Zahlungsdokument des Künstlers belegt.
Mit seiner hervorragend inszenierten Lichtregie, die die Dramatik des Helldunkels essentiell bestimmt, steht dieses Werk am Beginn des expressiven Abschlusses einer lang entwickelten Bildreihe Egger-Lienz‘. Die hohe Qualität verleiht „Drei Schnitter“ das höchste Prädikat eines Kunstwerkes von musealem Wert.
1) Uneinheitlich werden die Werke bereits in den zeitgenössischen Autographen des Künstlers selbst als „Bergmäher“ bzw. „Schnitter“ bezeichnet. Zur klareren Einordnung bezeichnet Kirschl die Werke vor 1918 als „Bergmäher“, nach 1918 einheitlich als „Schnitter“, vgl. Kirschl, Albin Egger-Lienz 1868–1926. Das Gesamtwerk, Bd. II, Wien 1996, S. 555