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Bereits in den 1870er Jahren gilt Leontine von Littrow als Spezialistin für Meeresansichten, die teils im Auftrag hochrangiger Sammler entstanden. So gestaltet sie im kaiserlichen Auftrag u.a. das großformatige Gemälde „Küste bei Ragusa Dalmatien“ zur Ausstattung des neuerbauten k. k. Naturhistorischen Hofmuseums in Wien. Unter den 27 an diesem Großprojekt zugelassenen Künstlern ist Littrow die einzige Frau – kein anderes derartig bedeutendes Großprojekt wurde je an eine andere weibliche Künstlerin vergeben.
Dalmatien war von jeher Littrows bevorzugte Region, die sie, mitunter auf den Yachten ihres Mäzens und leidenschaftlichen Sammlers Erzherzog Karl Stefan von Habsburg sowie in Gesellschaft von Olga Wisinger-Florian während vieler Reisen entlang der gesamten Adria in einer Vielzahl von Werken festhielt. Besonders mit Dubrovnik, das mit all seiner unberührten, wilden Ursprünglichkeit den nordischen Städten, allen voran dem mondänen Opatija, entgegenstand, fühlte sie sich seit Kindheit engstens verbunden. 1)
In „Bei Dubrovnik“ gibt Littrow die dalmatinische Küste mit schnellem, sicherem Strich in tiefen, satten, sorgfältig nuancierten Tönen wieder. In dichtem Impasto direkt nebeneinander- wie auch teils reliefartig übereinandergesetzt, tritt die Farbe in strahlender Intensität und unvergleichlicher Leuchtkraft in Erscheinung. Diffizil ausgeführt, mit zirkulierenden und dadurch äußerst lebendigen Pinselstrichen, visualisiert die Künstlerin die Wolken in pastosen Rosa- und Blautönen, teils weiß gehöht, teils gelblichgrün schimmernd. Das Meer hingegen ist wie so oft in horizontalen Pinselstrichen wiedergegeben und in changierenden Blautönen ausgeführt. Strahlendes Weiß markiert die Schaumkronen, die sich gischtend an den kantigen Felsen brechen, sowie die leuchtenden Segel des Bootes im Hintergrund. Die von einer Steinmauer eingefasste Terrasse ist teils von hohem Gras überwuchert, in dichter dunkelgrüner Vegetation setzt sich die wilde Natur auch im Hintergrund des angrenzenden Hügels fort. Auf einem Steintisch stehen neben einer Blumenvase eine Karaffe sowie ein Glas mit Wein und eine Schale mit leuchtenden Zitrusfrüchten – letztere wohl vom Baum im linken Hintergrund stammend, der mit seinen ausladenden Ästen über eine alte Steinsäule ragt.
Möglicherweise zählte „Bei Dubrovnik“ zu jenen Arbeiten aus Littrows mehrjährigem dalmatinischen Zyklus, der im Mai 1914 mit großem künstlerischem Erfolg in der führenden Wiener Galerie H. O. Miethke ausgestellt wurde. 2)
1) Aufgrund seiner Berufung zum Hafenkapitän war Heinrich von Littrow 1864 mit seiner Familie in Dubrovnik ansässig (vgl. Barta/Dubrović/Kolhammer/Mahringer, Wien 2017, S. 174, Anm. 114). - Littrow sammelte selbst nicht nur dalmatinische Kunst, sondern positionierte sich u.a. in der Gruppenausstellung „Imperial Austrian Exhibition“ (London, 1906) in Absage an die anderen teilnehmenden k. k. Künstler unter die Kunstschaffenden Dalmatiens.
2) Das Ausstellungsverzeichnis der 23 in der Beletage gezeigten Arbeiten führt u.a. 4 Werke auf, die sich per Titel auf eine Darstellung mit Tisch beziehen, sowie einer nicht näher definierten Ansicht an der dalmatinischen Küste, vgl. Galerie Miethke, Kollektivausstellung Leo von Littrow, Galerie Miethke, Wien I, Dorotheergasse Nr. 11, 1. – 30. Mai 1914