Henri Edmond Cross

1856 Douai - 1910 Saint-Clair (Var)

  • Titel Rialtobrücke in Venedig
  • Datierung 1903
  • Technik Aquarell und Kohle auf Papier
  • Maße 16,5 x 24,5 cm
  • Signatur rechts unten monogrammiert: HE.C rückseitig drei Klebeetiketten: Galerie Bellier, Paris; Galerie Salis & Vertes; JPL Fine Arts, London
  • Provenienz Galerie Bellier, Paris; Galerie Salis & Vertes; JPL Fine Arts, London; Privatbesitz, Wien
  • Literatur Farben des Lichts, Paul Signac und der Beginn der Moderne von Matisse bis Mondrian, Ausstellungskatalog Westfälisches Landesmuseum für Kunst und Kulturgeschichte Münster, 1. Dezember 1996 – 16. Februar 1997, Grenoble/Weimar 1996, Kat. Nr. 48
  • Sonstiges Das Werk wird in das in Arbeit befindliche Aquarell-Werkverzeichnis von Patrick Offenstadt aufgenommen.

Der 1856 im nordfranzösischen Douai als Henri Edmond Delacroix geborene Maler gilt neben Georges Seurat und Paul Signac als der bedeutendste Meister des Neoimpressionismus. Während sein Frühwerk noch von schwerer, dunkler Farbgebung und realistischen Formen gekennzeichnet ist, ändert sich sein Stil durch die Analyse der neoimpressionistischen Werke und den persönlichen Austausch mit ihren Künstlern, im Besonderen Henri Matisse und Paul Signac. Schon bald hatte sich Cross – wie er sich seit 1883 nannte – ihre Technik angeeignet, nach der die Farbe nicht als Fläche, sondern als System rasterartiger, nahezu gleich großer Punkte und Striche, der Größe des Trägermaterials entsprechend, aufgetragen wird. Die Tupfer bestehen aus reiner, ungemischter Grundfarbe, die, aus einer bestimmten Distanz wahrgenommen, im Auge des Betrachters optisch zusammengeführt werden, so dass der Eindruck von Tonabstufungen entsteht. Sich einer hellen, klaren Malerei zuwendend und die Freiluftmalerei bevorzugend, findet Cross seine Motive auf seinen vielen Reisen an die provenzalische Küste, in Umbrien und in Venedig, wo auch das vorliegende Werk vor Ort entstand. Von einem Brückenbogen überspannt, zeigt das Aquarell das bewegte Wasser der venezianischen Lagune, auf dem zwei Barken treiben. Dahinter führt eine in leuchtendem Gelb wiedergegebene Häuserfassade, vor der Fischernetze gespannt sind, schräg in die Tiefe. Drei massive Pfosten ragen senkrecht aus dem Wasser. Eine zweite Fassade deutet den weiteren Verlauf des Kanals an. In ihm spiegelt sich die Fassade in Gelb-, Orange- und Purpurtönen, aufgetragen in breitem, bewegtem Pinselstrich. Dieser koloristischen Wärme steht das kühle Grünblau des schattigen Vordergrunds in reizvollem Kontrast gegenüber. Auch variiert Cross raffiniert in der Pinselführung: Das Wasser ist im Vordergrund in horizontalen Strichen wiedergegeben, im Hintergrund hingegen in vertikaler Anordnung. Die harmonische Komposition wird ebenso durch die gegenläufigen Diagonalen von Barke und Häuserfassade erzielt. Zusammengehalten werden diese vielfältigen Bewegungsrichtungen durch den flächig gemalten, die gesamte Bildbreite umfassenden Brückenbogen. Durch die meisterlich ausgewogene koloristische Wiedergabe der einzelnen Bildelemente, ihrer fein kalkulierten Anordnung im Bildraum sowie des völlig harmonischen Verhältnisses von Licht- und Schattenpartien wird Cross‘ herausragende Rolle für die weiteren Malergenerationen, im Besonderen für die Entwicklung des Fauvismus, deutlich.